Rumpelstilzli.li - E-Learning für die ersten 3 Schuljahre

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Die Bremer Stadtmusikanten

Art: Märchen
AutorIn: Brüder Grimm
Land: Deutschland
Sprecher: Tom Keymer

Ein Mann hatte einen Esel, der lange Jahre die Säcke zur Mühle getragen hatte, dessen Kräfte aber nun zu Ende gingen, so dass er zur Arbeit immer untauglicher wurde. Da dachte der Mann daran, den Esel zu töten. Aber der Esel erriet seine Absicht, lief fort und machte sich auf den Weg nach Bremen. Dort, meinte er, könne er ja Stadtmusikant werden.

Als er ein Weilchen gegangen war, fand er einen Jagdhund auf dem Wege liegen, der japste wie einer, der sich müde gelaufen hat.
»Was japst du so?« fragte der Esel. »Ach«, klagte der Hund, »weil ich alt bin und jeden Tag schwächer werde, wollte mich mein Herr totschlagen. Da habe ich Reissaus genommen. Wovon soll ich nun in Zukunft leben?«
»Geh mit mir nach Bremen«, schlug der Esel vor.
»Wir werden dort Stadtmusikanten. Ich spiele die Laute, und du schlägst die Pauke.« Der Hund war zufrieden, und sie gingen weiter.

Es dauerte nicht lange, da sass eine Katze am Wege und machte ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter. »Nun, was ist dir in die Quere gekommen, alter Bartputzer?« fragte der Esel. »Ach«, jammerte die Katze, »weil ich nun zu Jahren komme, meine Zähne stumpf werden und ich lieber hinter dem Ofen sitze, als nach Mäusen herumzujagen, hat mich meine Frau ersäufen wollen. Ich bin zwar fortgelaufen, aber nun ist guter Rat teuer. Wo soll ich hin?« »Geh mit uns nach Bremen, du verstehst dich doch auf Nachtmusik, da kannst du ein Stadtmusikant werden.« Die Katze hielt das für gut und ging mit.

Darauf kamen die drei an einem Hof vorbei, da sass auf dem Tor der Haushahn und krähte aus Leibeskräften. »Du krähst einem durch Mark und Bein«, sprach der Esel, »was hast du vor?« 

»Da hab’ ich gutes Wetter vorausgesagt ein Leben lang«, sprach der Hahn. »Aber weil morgen zum Sonntag Gäste kommen, hat die Hausfrau kein Erbarmen und hat der Köchin gesagt, sie wolle mich morgen in der Suppe essen. Da soll ich mir heute Abend den Kopf abschneiden lassen. Nun schreie ich aus vollem Hals, solang ich noch kann.« »Ei was, du Rotkopf«, sagte der Esel, »zieh lieber mit uns, wir gehen nach Bremen. Etwas Besseres als den Tod findest du überall. Du hast eine gute Stimme — wenn wir zusammen musizieren, dann werden wir Erfolg haben.« Der Hahn liess sich den Vorschlag gefallen, und sie gingen alle vier zusammen fort.

Sie konnten aber die Stadt Bremen an einem Tag nicht erreichen und kamen abends in einen Wald, wo sie übernachten wollten. Der Esel und der Hund legten sich unter einen grossen Baum, die Katze setzte sich in die Äste, der Hahn aber flog bis in die Spitze, wo es am sichersten für ihn war. Ehe er einschlief, sah er sich noch einmal nach allen vier Seiten um. Da meinte er, er sähe in der Ferne ein Fünkchen brennen, und rief seinen Gefährten zu, es müsse ganz in der Nähe ein Haus sein, denn es scheine ein Licht.

Da sprach der Esel: »So müssen wir uns aufmachen und noch hingehen, denn hier ist das Übernachten schlecht.« Der Hund meinte, ein paar Knochen und etwas Fleisch daran täten ihm gut.

Also machten sie sich auf den Weg in die Richtung, wo das Licht war, und sahen es bald heller schimmern. Es wurde immer grösser, bis sie vor ein hell erleuchtetes Räuberhaus kamen.

Der Esel, als der Grösste, näherte sich dem Fenster und schaute hinein. »Was siehst du, Grauschimmel?« fragte der Hahn.
»Was ich sehe?« antwortete der Esel. »Einen gedeckten Tisch mit schönem Essen und Trinken, und Räuber sitzen daran und lassen sich’s wohl sein.« — »Das wäre was für uns«, sprach der Hahn. »Ja, ja, ach wären wir drin!« sagte der Esel. Da berieten die Tiere, wie sie es anfangen müssten, um die Räuber hinauszujagen, und fanden endlich ein Mittel.

Der Esel musste sich mit den Vorderfüssen aufs Fenster stellen, der Hund auf des Esels Rücken springen, die Katze auf den Hund klettern, und endlich flog der Hahn hinauf und setzte sich der Katze auf den Kopf. Als das geschehen war, fingen sie auf ein Zeichen gemeinsam an, ihre Musik zu machen. Der Esel schrie, der Hund bellte, die Katze miaute und der Hahn krähte. 

Dann stürzten sie durch das Fenster in die Stube hinein, dass die Scheiben klirrten. Die Räuber fuhren bei dem entsetzlichen Geschrei in die Höhe und meinten, ein Gespenst käme herein. Sie flohen in grösster Furcht in den Wald hinaus. Nun setzten sich die vier Gesellen an den Tisch, nahmen mit dem vorlieb, was übrig geblieben war, und assen, als wenn sie vier Wochen hungern sollten.
Als die vier Spielleute fertig waren, löschten sie das Licht aus und suchten sich eine Schlafstätte, jeder nach seiner Natur und Bequemlichkeit. Der Esel legte sich auf das Stroh, der Hund hinter die Türe, die Katze auf den Herd bei der warmen Asche und der Hahn setzte sich auf einen Balken. Und weil sie müde waren von ihrem langen Weg, schliefen sie auch bald ein.

Als Mitternacht vorbei war und die Räuber von weitem sahen, dass kein Licht mehr im Haus brannte und alles ruhig schien, sprach der Hauptmann: »Wir hätten uns nicht ins Bockshorn jagen lassen sollen«, und er befahl einem, hinzugehen und das Haus zu untersuchen.

Der Abgeschickte fand alles still, aber als er in der Küche die Augen der Katze für einen Funken Glut hielt, sprang ihm diese ins Gesicht und zerkratzte ihn jämmerlich. Als er aus dem Zimmer rennen wollte, biss ihn der Hund ins Bein, und als er beim Stroh vorbeikam, trat ihn der Esel in den Rücken. Der Hahn aber rief vom Balken herab: »Kikeriki!«

Da lief der Räuber, was er konnte, zu seinem Hauptmann zurück und sprach: »In dem Haus sitzt eine gräuliche Hexe, die hat mich angehaucht und mir mit ihren langen Fingern das Gesicht zerkratzt. Vor der Tür steht ein Mann mit einem Messer, der hat mich ins Bein gestochen. Auf dem Hof liegt ein schwarzes Ungetüm, das hat mit einer Holzkeule auf mich losgeschlagen, und oben auf dem Dach, da sitzt der Richter, der rief: ’Bringt mir den Schelm her.’ Da machte ich, dass ich fortkam.«

Von nun an getrauten sich die Räuber nicht mehr in die Nähe des Hauses, und sie zogen fort in einen anderen Wald.
Den vier Bremer Musikanten aber gefiel es so gut darin, dass sie nicht wieder hinaus wollten.



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