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Schilda 09: Die Schildbürger und der Maushund

Art: Schwank
AutorIn: unbekannt
Land: Deutschland
Sprecher: Tom Keymer

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In Schilda kannte man keine Krebse. Dass man auch noch nie eine Katze gesehen hatte, ist wohl noch viel erstaunlicher. Um so besser wusste man mit Mäusen Bescheid. Sie waren in allen Kellern, Speichern und Küchen, in den Räucherkammern, beim Bäcker und nicht zuletzt beim Ochsenwirt.

Bei diesem kehrte eines Tages ein Wanderer ein, der eine Katze bei sich hatte. Da die Schildaer-Mäuse nicht wussten, was eine Katze ist, waren sie sehr zutraulich, und in einer halben Stunde hatte die fremde Katze zwei Dutzend Mäuse erlegt.

Die anderen Gäste und der Wirt wollten nun wissen, wie das Tier heisse und wie viel es koste. »Maushund heisst es«, sagte der Wandersmann, »und weil Maushunde sehr selten sind, kostet mein Prachtexemplar hundert Gulden.« Sie liefen zum Bürgermeister, erzählten ihm von dem Maushund und baten, er möge ihn für die Stadt kaufen.

So geschah es. Als der Wanderer die hundert Gulden bekommen hatte, machte er sich aus dem Staube. Falls die Schildbürger der Kauf reuen sollte, wollte er nicht mehr hier sein. Kaum war er aus dem Stadttor hinaus, kam ihm auch schon jemand nachgelaufen und wollte wissen, womit man den Maushund füttern müsse.

Der Wanderer rannte, was das Zeug hielt, und rief hastig: »Nur Speck frisst er nie!« Da schlug der Schildbürger die Hände über dem Kopfe zusammen und lief verzweifelt in die Stadt zurück. Er hatte nämlich in der Eile statt »nur Speck frisst er nie« verstanden »Nur Menschen und Vieh!«

Das Entsetzen war gross. »Wenn wir keine Mäuse mehr haben werden, wird er unser Vieh und uns selber fressen!« riefen sie ausser sich. »Wo hat sich der Maus-Hund versteckt?« — »Im Rathaus auf dem Speicher!« So umzingelten sie das Rathaus und schickten ein paar mutige Männer hinein. Doch die Katze liess sich nicht greifen. Sie kamen zurück. »Dann müssen wir den Maushund ausräuchern«, rief der Bürgermeister. »Denn um wen wär es mehr schade? Ums Rathaus oder um uns?« Da schrien alle: »Um uns!« Und sie steckten das Rathaus in Brand.

Als es der Katze zu heiss wurde, kletterte sie aufs Rathausdach. Und als die Flammen die Dachbalken ergriffen, sprang sie mit einem Riesensatz aufs Nachbardach und putzte sich mit der Pfote den angesengten Schnurrbart. »Schaut den Maushund an!« rief der Schmied. »Er droht uns!« Und der Bäcker murmelte zitternd: »Wir schmecken ihm schon.«

Da zündeten sie das Nachbarhaus an. Und weil die Katze von Dach zu Dach sprang und die Schildbürger in ihrer Todesangst Haus um Haus anzündeten, brannte um Mitternacht die ganze Stadt. Am nächsten Morgen lag Schilda in Asche. Alles war verbrannt. Nur die Katze nicht. Sie war vor Schreck in die Wiesen gelaufen und verschwunden. Nun sassen die Schildbürger auf den Trümmern ihrer Stadt. Sie waren froh, nicht gefressen worden zu sein und beschlossen schweren Herzens, in alle Himmelsrichtungen auszuwandern.

Von diesem Tage an gab es die Stadt Schilda nicht mehr.



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