Till Eulenspiegel hatte immer neue Spässe auf Lager. Zumindest hielt er die Dinge, die er tat, für einen echten Spass.

Eines Tages hatte er wieder einmal sein Hochseil über das Flüsschen gespannt. Er rief den Nachbarn, Freunden und Verwandten zu, sie sollten einmal mit ihm kommen. Sie waren alle neugierig und folgten dem jungen Mann, zu dem Till inzwischen herangewachsen war.

Am Hochseil angekommen, bat er sie, jeweils den linken Schuh auszuziehen. »Ich will euch ein ganz besonderes Kunststück präsentieren«, erklärte er. Die Umstehenden schauten sich an. Was hatte das nun wieder zu bedeuten, schienen sie sich zu fragen.

»Nun denn«, rief der erste, »dann wollen wir dem Jungen mal den Gefallen tun.« Er zog den linken Schuh aus. Und 199 andere taten es ihm gleich.

Till freute sich, sammelte die 200 linken Schuhe auf, fädelte sie an einem langen Band zusammen, um sie besser transportieren zu können, und kletterte mit seinem Bündel aufs Seil hinauf.

Als er die Hälfte seiner Wegstrecke – schwer bepackt mit dem Schuhwerk seiner Mitmenschen – hoch oben in der Luft zurückgelegt hatte, da grüsste er einmal freundlich nach unten – und liess die Schuhe, einen nach dem anderen, aus dieser luftigen Höhe zu Boden fallen.

Dort herrschte grosse Aufregung! »Wo ist mein Schuh?«, »Her damit, das ist meiner!«, und noch ganz andere Dinge riefen sich die Menschen zu. Jung und Alt purzelten durcheinander. Kaum hatte einer einen der 200 Schuhe gefasst, da wurde er ihm schon wieder entrissen!

Eine grosse Rauferei entstand, über die noch Jahre später in der Stadt berichtet wurde. Als nach Stunden jeder seinen eigenen linken Schuh wieder am Fuss trug, da schwor man sich, es Till Eulenspiegel heimzuzahlen.

Doch der war verschwunden und versteckte sich wochenlang in Mutters Stube.