Rumpelstilzli.li - E-Learning für die ersten 3 Schuljahre

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Alles glaubt der König doch nicht

Art: Märchen
AutorIn: unbekannt
Land: Österreich
Sprecher: Tom Keymer

ähnliches Märchen: Das Unglaubliche

Es war einmal ein König, der alles glaubte, was man ihm erzählte. Er versprach demjenigen, der ihm etwas Unglaubwürdiges sagen könnte, die Hand seiner Tochter und seinen Thron. Da kamen Leute aus allen Weltgegenden und schwatzten ihm allerlei Lügen vor, die glaubte er aber alle.

Nun reiste einst ein Handwerkersbursch durch das Land. Als er hörte, dass der König dem seine Tochter geben wolle, der ihm etwas ganz und gar Unglaubwürdiges erzählen könne, dachte er bei sich: »Ich will hier mein Glück versuchen!«

Er trat vor den König und sprach: »König! Ich will dir etwas sagen, was du nicht glauben wirst.« — »Gut«, sprach der König, »wenn ich aber alles glaube, was du sagst, so lasse ich dir den Kopf abhauen.« Hans, so hiess der Handwerksbursch, war damit zufrieden und begann seine Erzählung.

»Ich ging einmal auf das Feld und säte Hanf an. Und siehe da, er ging unter meinen Füssen auf und wuchs so hoch wie ein Kirchturm.« — »Ja, das glaub ich dir«, sprach der König.

»Da versuchte ich am Hanf hinaufzuklettern«, begann Hans wieder, »und es gelang mir ganz vortrefflich, denn der Hanf war so dick und stark und wuchs kerzengrad in die Höhe. Als ich zuoberst war, sah ich über Städte und Dörfer, Wiesen und Wälder, Berge und Täler, Bäche und Flüsse. Und als ich mir alles genug besehen hatte, wollte ich hinunterrutschen.

Aber o weh, ich liess den Hanf los und stürzte und fiel zehn Meter tief in die Erde hinein. Da erschrak ich gewaltig. Ich lief so schnell ich konnte nach Hause und holte mir einen Spaten. Damit grub ich mich mit vieler Mühe aus dem Boden heraus. Dann ging ich ganz müde heim.« — »Das glaub ich dir auch«, sprach der König.

Hans fuhr fort: »Als ich tags darauf wieder auf das Feld kam, bemerkte ich, dass der Hanf schon bis zu den Wolken gewachsen war. Ich hatte mir einmal vorgenommen, den Himmel zu besuchen. Jetzt fiel mir ein, dass ich auf diesem Weg wohl am leichtesten hinaufkommen könnte.

Aber der Hanf war mir noch nicht hoch genug. Nach ein paar Tagen ging ich nochmals auf das Feld. Da reichte der Hanf schon in den Himmel. Sogleich kletterte ich am Hanf in den Himmel hinauf. Das dauerte nicht weniger als ein Jahr.« — »Das glaub ich dir«, sprach der König.

Hans fuhr fort: »Da war es aber so schön, und alle Dinge waren so prächtig, dass ich mich gar nicht genug wundern konnte. Die Engel flogen in der Luft herum und sangen wunderschöne Lieder. Da sah ich noch viele alte Bekannte, die alle die schönsten Kleider anhatten und in silbernen Kutschen herumfuhren.

Und wie hab ich mich gefreut, dass da auch meine lieben Eltern in einem goldenen Wagen sassen. Auch deinen Vater und deine Mutter sah ich, o König, aber die waren mit Lumpen bedeckt und hüteten die Schweine!«

»Das ist nicht wahr«, schrie der König zornig, »das hast du nicht gesehen!« — »O doch, ich hab es wirklich gesehen«, erwiderte Hans lachend, »und wenn du es nicht glauben willst, so denk an dein Versprechen und gib mir deine Tochter zur Frau!«

Die musste ihm der König auch geben, und den Thron dazu, denn das hat er nicht glauben wollen.



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