Rumpelstilzli.li - E-Learning für die ersten 3 Schuljahre

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Warum das Meerwasser salzig ist

Art: Märchen
AutorIn: unbekannt
Land: Deutschland
Sprecher: Tom Keymer

ähnliches Märchen: Töpfchen koch

Es war einmal ein lieber, wackerer Knabe, der hatte weiter nichts auf Erden als eine blinde Grossmutter und ein gutes Gewissen. Als er nun aus der Schule war, wurde er Schiffsjunge und sollte seine erste Reise antreten. Da sah er, wie alle seine neuen Kameraden mit Geldmünzen spielten, und er hatte nichts. Darüber war er traurig und klagte es der Grossmutter. Sie besann sich erst ein Weilchen, dann humpelte sie in ihre Kammer.

Sie holte eine kleine, alte Mühle heraus, schenkte sie dem Knaben und sprach: »Wenn du zu dieser Mühle sagst: Mühle, Mühle, mahle mir rote Dukaten gleich allhier!, so mahlt sie dir lauter Dukaten, soviel du begehrst. Und wenn du sprichst: Mühle, Mühle, stehe still, weil ich nichts mehr haben will!, so hört sie auf zu mahlen. Und so kannst du dir alle Dinge, die du nur wünschest, von der Mühle mahlen lassen. Verrate das aber niemandem, sonst ist es dein Unglück!« Der Junge bedankte sich, nahm Abschied und ging aufs Schiff.

Als nun die Kameraden wieder mit ihren Geldmünzen spielten, stellte er sich mit seiner Mühle in einen düstern Winkel und sprach: »Mühle, Mühle, mahle mir rote Dukaten gleich allhier!« Da mahlte die Mühle lauter rote Dukaten, die fielen klingend in seine lederne Mütze. Und als die Mütze voll war, sprach er nur: »Mühle, Mühle, stehe still, weil ich nichts mehr haben will!« Da hörte sie auf zu mahlen. Nun war er von allen Kameraden der Reichste.

Und wenn es ihnen an Speise fehlte, wie es wohl manchmal geschah, da der Schiffshauptmann sehr geizig war, sprach er nur: »Mühle, Mühle, mahle mir frische Semmeln gleich allhier!«, so mahlte sie so lange, bis er das andere Sprüchlein aufsagte. Und was er auch sonst noch begehrte, alles mahlte die kleine Mühle. Nun fragten ihn die Kameraden oft, woher er die schönen Sachen bekomme. Doch er meinte, er dürfe es nicht sagen. Da fragten sie nicht mehr weiter, weil er ja alles ehrlich mit ihnen teilte.

Es dauerte aber nicht lange, da bekam der böse Schiffshauptmann Wind davon. Und eines Abends rief er den Schiffsjungen in die Kajüte und sprach: »Hole deine Mühle und mahle mir frische Hühner!« Der Knabe ging und brachte einen Korb frischer Hühner. Damit jedoch war der gottlose Mensch nicht zufrieden. Er schlug den armen Jungen so lange, bis dieser ihm die Mühle holte und ihm sagte, was er sprechen müsse, wenn sie mahlen sollte. Den andern Spruch aber, den man sagen musste, wenn sie aufhören sollte, lehrte er ihn nicht, und der Schiffshauptmann dachte auch nicht daran, ihn danach zu fragen.

Als der Junge nachher allein auf dem Verdeck stand, ging der Hauptmann zu ihm und stiess ihn ins Meer. Er dachte nicht daran, wieviel Sorge und Mühe er Vater und Mutter gemacht hatte, und wie die blinde Grossmutter auf seine Rückkehr hoffte. An all dies dachte er nicht, sondern stiess ihn ins Meer und sagte, er sei verunglückt. Er meinte, damit sei alles getan.

Darauf ging er in seine Kajüte, und da es eben an Salz fehlte, sagte er zu der kleinen Mühle: »Mühle, Mühle, mahle mir weisse Salzkörner gleich allhier!« Da mahlte sie lauter weisse Salzkörner. Als aber die Schüssel voll war, sprach der Schiffshauptmann: »Nun ist’s genug!« Doch sie mahlte immerzu. Und er konnte sagen, was er wollte, sie mahlte immerzu, bis die ganze Kajüte voll war.

Da fasste er die Mühle an, um sie über Bord zu werfen. Er erhielt aber einen solchen Schlag, dass er betäubt zu Boden fiel. Und nun mahlte sie immerzu, bis das ganze Schiff voll war und zu sinken begann. Nie ist grössere Not auf einem Schiff gewesen. Zuletzt fasste der Schiffshauptmann sein gutes Schwert und hieb die Mühle in lauter kleine Stücke. Aber siehe! Aus jedem kleinen Stück wurde eine kleine Mühle, gerade wie die alte gewesen war, und alle Mühlen mahlten lauter weisse Salzkörner. Da war’s bald um das Schiff geschehen: es sank unter mit Mann und Maus und allen Mühlen.

Die aber mahlten unten am Grunde noch immerzu lauter weisse Salzkörner. Und wenn du ihnen nun auch den rechten Spruch zurufen würdest, sie liegen in so tiefem Wasser, dass sie es nicht hören würden. Sieh, davon ist das Meerwasser so salzig.



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