Es ist schon lange her, da lebten irgendwo ein alter Mann und eine alte Frau. Eines Tages, als der Alte in die Berge gegangen war, um Kohlen zu brennen, wurde ihm die Kehle immer trockener. Er konnte es nicht mehr ertragen, denn es war ein heisser Tag. Er überlegte nun: »Gibt es hier in der Nähe nicht irgendwo eine Quelle?« Er machte sich auf die Suche und fand im Schatten eines Felsens klares Quellwasser.

Der Alte schöpfte dieses Wasser mit den Händen. Es hatte einen ungewöhnlichen Wohlgeschmack und versetzte ihn in einen unbeschreiblichen Gemütszustand. Ohne dass der alte Mann etwas spürte, wurde er wieder jung. Selbst die krummen Hüften wurden wieder gerade, und er wurde zu einem bewundernswerten, jungen Mann. Da freute sich der Alte sehr, nahm die Kohlen auf den Rücken und kehrte nach Hause zurück.

»Mütterchen, ich bin jetzt zurück!« rief er. Da kam die Alte heraus: »Heute bist du aber schnell wieder da!« Sie warf aber auch nur einen einzigen Blick auf ihren Mann und war verblüfft. »Ach, mein lieber Mann, auf welche Weise bist du plötzlich wieder so jung geworden?« fragte sie. »Nun, als ich in den Bergen Quellwasser trank, wurde ich mit einem Mal wieder so jung!« antwortete der Mann und erzählte die näheren Umstände.

Die Alte beneidete ihn sehr und sprach: »Väterchen, was ist das für eine wunderbare Sache! Aber du sollst nicht allein jung sein. Auch ich möchte wieder jung werden, und deshalb will auch ich gehen und von diesem Wasser trinken.«

Sie erkundigte sich bei ihrem Mann genau nach der Lage der Berge und der Lage der Quelle. Am nächsten Tag liess sie ihren Mann das Haus hüten und ging selbst fort in die Berge. Bis zum Abend kehrte aber die Alte nicht zurück, so sehr er auch wartete. Da machte sich der Mann Sorgen. »Diese Alte, was trödelt sie nur herum! In den Bergen hat sie sich gewiss irgendwie verirrt!«, so sprach er.

Er bat alle Leute des Dorfes zu Hilfe und ging in die Berge, um die Frau zu suchen. Als sie an den Ort kamen, wo die Quelle hervorsprudelte, vernahmen sie das Weinen eines kleinen Kindes. Alle waren erstaunt. Sie gingen dieser Stimme nach. Da war die alte Frau in der Tat zu einem kleinen Kind geworden und weinte.

Weil die Frau nämlich gierig war und meinte, sie könne nicht jung genug werden, hatte sie zuviel Wasser getrunken. Da war sie immer jünger und schliesslich zu einem kleinen Kind geworden. Widerwillig nahm der Mann dieses Kind auf. Er trug es zurück und zog es auf.