Rumpelstilzli.li - E-Learning für die ersten 3 Schuljahre

...zurück zur Übersicht

Text-Erklärungen sind anaus
alle Erklärungen anzeigenFragen zur Geschichte beantwortenGeschichte hören und mitlesenGeschichte und Fragen als PDF downloaden

Der geizige Bauer

Art: Märchen
AutorIn: unbekannt
Land: China
Sprecher: Tom Keymer

Es war einmal ein Bauer, der brachte Birnen auf den Markt. Weil sie sehr süss und duftend waren, hoffte er, einen guten Preis dafür zu bekommen. Ein Mönch mit zerrissener Mütze und zerfetzten Kleidern trat an den Wagen heran und bat um eine Birne. Der Bauer wies ihn ab, doch der Mönch ging nicht weg. Da wurde der Bauer böse und begann, ihn zu beschimpfen.

Der Mönch sagte: »In Eurem Wagen habt Ihr viele hundert Birnen. Ich bitte Euch ja nur um eine. Das bringt Euch doch nicht grossen Schaden. Warum werdet Ihr gleich so böse?«

Die Umstehenden sagten, er solle ihm doch eine der kleineren Birnen geben und ihn gehen lassen. Aber der Bauer wollte durchaus nicht. Ein Handwerker sah es von seinem Laden aus, und weil ihm der Lärm lästig war, so holte er Geld, kaufte eine Birne und gab sie dem Mönch.

Der Mönch bedankte sich und sprach: »Ich bin ein Mönch und darf nicht geizig sein. Ich habe schöne Birnen und lade euch alle ein, mitzuessen.« Da fragte jemand: »Wenn du Birnen hast, warum isst du denn nicht deine eigenen?« Er sprach: »Ich brauche erst einen Kern zum Stecken.« Damit begann er, die Birne schmatzend aufzuessen. Als er fertig war, hielt er einen Kern in der Hand, nahm seine Hacke von der Schulter und grub ein Loch in die Erde.

Er steckte den Kern hinein und bedeckte ihn mit Erde. Dann verlangte er von den Marktleuten Wasser, um ihn zu begiessen. Ein paar Neugierige holten in einer Strassenherberge Wasser, und der Mönch begoss damit den Kern. Tausend Augen waren auf die Stelle geheftet. Schon sah man einen Keim herauskommen.

Allmählich wuchs er und war im Augenblick zu einem Baum geworden. Zweige und Laub sprossen hervor. Er blühte, und alsbald waren die Früchte reif: lauter grosse, duftende Birnen, die in dichten Mengen am Baum hingen. Der Mönch stieg auf den Baum und gab sie den Umstehenden. Im Augenblick war der Baum leergegessen.

Da nahm er seine Hacke und hackte den Baum ab. Krach, krach — ging es eine Weile, da war er ab. Er nahm den Baum auf die Schulter und ging mit gemächlichen Schritten weg.

Als der Mönch seinen Zauber hatte spielen lassen, da hatte auch der Bauer sich unter die Zuschauer gemischt. Mit langem Hals und stieren Augen hatte er dagestanden und seinen Birnenhandel ganz vergessen. Als der Mönch weg war, da sah er sich nach seinem Wagen um. Die Birnen waren alle fort.

Da merkte er, dass, was jener verteilt hatte, seine eignen Birnen gewesen waren. Er sah näher zu, da fehlte an dem Wagen auch die Deichsel. Man konnte ganz deutlich sehen, dass sie frisch abgehackt war. Er wurde wütend und lief, so schnell er konnte, dem Mönch nach. Als er um eine Ecke kam, lag das fehlende Stück der Deichsel unten an der Stadtmauer. Da merkte er, dass der abgehackte Birnbaum seine Deichsel war. Der Mönch war nirgends zu finden. Und der ganze Markt brach in lautes Gelächter aus.



...nach oben