Rumpelstilzli.li - E-Learning für die ersten 3 Schuljahre

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Die drei Brüder

Art: Märchen
AutorIn: Brüder Grimm
Land: Deutschland
Sprecher: Tom Keymer

Ein Mann hatte drei Söhne und weiter nichts als das Haus, worin sie wohnten. Nun hätte jeder gerne nach seinem Tode das Haus gehabt. Dem Vater war aber einer so lieb wie der andere. Da wusste er nicht, wie er’s anfangen sollte, dass er keinem zu nahe träte. Verkaufen wollte er das Haus auch nicht, weil’s von seinen Voreltern war. Sonst hätte er das Geld unter sie geteilt. Da fiel ihm endlich ein Rat ein, und er sprach zu seinen Söhnen: »Geht in die Welt und versucht euch. Jeder soll sein Handwerk lernen. Wenn ihr dann wiederkommt, soll derjenige das Haus bekommen, der das beste Meisterstück macht.«

Damit waren die Söhne zufrieden. Der Älteste wollte ein Hufschmied, der Zweite ein Barbier, der Dritte aber ein Fechtmeister werden. Darauf bestimmten sie eine Zeit, wo sie wieder nach Haus zusammenkommen wollten und zogen fort.

Es traf sich auch, dass jeder einen tüchtigen Meister fand, wo er etwas Rechtschaffenes lernte. Der Schmied musste des Königs Pferde beschlagen und dachte: »Nun kann’s dir nicht fehlen, du kriegst das Haus.« Der Barbier rasierte lauter vornehme Herren und meinte auch, das Haus wäre schon sein. Der Fechtmeister kriegte manchen Hieb, biss aber die Zähne zusammen und liess sich’s nicht verdriessen. Denn er dachte bei sich: »Fürchtest du dich vor einem Hieb, so kriegst du das Haus nimmermehr.«

Als nun die gesetzte Zeit herum war, kamen sie bei ihrem Vater wieder zusammen. Sie wussten aber nicht, wie sie die beste Gelegenheit finden sollten, ihre Kunst zu zeigen. Sie sassen beisammen und berieten. Wie sie so sassen, kam auf einmal ein Hase übers Feld gelaufen. »Ei,« sagte der Barbier, »der kommt wie gerufen!« Er nahm Becken und Seife und schäumte so lange, bis der Hase in die Nähe kam. Dann seifte er ihn in vollem Laufe ein, und rasierte ihm auch in vollem Laufe ein Stutzbärtchen. Dabei schnitt er ihn nicht und tat ihm an keinem Haare weh.

»Das gefällt mir,« sagte der Vater, »wenn sich die andern nicht gewaltig Mühe geben, so ist das Haus dein.«

Es währte nicht lang, so kam ein Herr in seinem Wagen daher. Das Pferd rannte schnell. »Nun sollt ihr sehen, Vater, was ich kann«, sprach der Hufschmied. Damit sprang er dem Wagen nach. Er riss dem Pferd, das in einem fortjagte, die vier Hufeisen ab und schlug ihm auch im Jagen vier neue wieder an.

»Du bist ein ganzer Kerl,« sprach der Vater, »du machst deine Sachen so gut wie dein Bruder. Ich weiss nicht, wem ich das Haus geben soll.«

Da sprach der Dritte: »Vater, lasst mich auch einmal gewähren,« und weil es anfing zu regnen, zog er seinen Degen. Er schwenkte ihn in Kreuzhieben über seinen Kopf, so dass kein Tropfen auf ihn fiel. Und als der Regen stärker wurde, schwang er den Degen immer schneller und blieb so trocken, als sässe er unter einem Dach und Fach. Wie der Vater das sah, erstaunte er und sprach:

»Du hast das beste Meisterstück gemacht, das Haus ist dein.«

Die beiden anderen Brüder waren damit zufrieden, wie sie vorher gelobt hatten. Weil sie einander so lieb hatten, blieben sie alle drei zusammen im Haus und trieben ihr Handwerk. Weil sie so gut ausgelernt hatten und so geschickt waren, verdienten sie viel Geld. So lebten sie vergnügt bis in ihr Alter zusammen. Als der eine krank wurde und starb, grämten sich die zwei andern so sehr darüber, dass auch sie krank wurden und bald starben.

Da wurden sie, weil sie alle so geschickt gewesen waren und sich so lieb gehabt hatten, alle drei zusammen in ein Grab gelegt.
 



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