Rumpelstilzli.li - E-Learning für die ersten 3 Schuljahre

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Die drei Spinnerinnen

Art: Märchen
AutorIn: Brüder Grimm
Land: Deutschland
Sprecher: Tom Keymer

(ähnliches Grimm-Märchen: Rumpelstilzchen)

Es war einmal ein faules Mädchen, das einfach nicht spinnen wollte. Die Mutter konnte sagen was sie wollte, sie konnte das Mädchen nicht dazu bringen, eine Arbeit zu machen. Endlich wurde die Mutter einmal ungeduldig und zornig. Sie schlug das Mädchen, bis es laut zu weinen anfing. 

Nun fuhr gerade die Königin vorbei. Als sie das Weinen hörte, liess sie anhalten. Sie trat in das Haus ein und fragte die Mutter, warum sie ihre Tochter schlage. Da schämte sich die Frau, weil sie von der Faulheit ihrer Tochter hätte erzählen müssen. Darum sagte sie: »Ich kann sie nicht vom Spinnen abbringen, sie will immer und ewig spinnen. Ich bin arm und kann nicht genug Flachs zum Spinnen herbeischaffen.« 

»Ei«, antwortete die Königin, »ich höre dem Spinngeräusch so gerne zu, und ich bin so vergnügt, wenn die Räder schnurren. Gebt mir eure Tochter mit ins Schloss. Ich habe Flachs genug, da soll sie spinnen, so viel sie Lust hat.« Die Mutter war von Herzen gern damit einverstanden. Also nahm die Königin das Mädchen mit.

Im Schloss führte sie das Mädchen hinauf zu drei Kammern. Die waren von unten bis oben voll vom schönsten Flachs. »Nun spinn mir diesen Flachs«, sprach sie, »und wenn du es fertig bringst, sollst du meinen ältesten Sohn zum Gemahl haben. Dass du arm bist, ist mir egal. Dein unverdrossner Fleiss ist Ausstattung genug«.

Das Mädchen erschrak innerlich, denn es konnte den Flachs nicht spinnen. Als es nun allein war, fing es an zu weinen und sass so drei Tage, ohne die Hand zu rühren. Am dritten Tage kam die Königin. Und als sie sah, dass noch nichts gesponnen war, wunderte sie sich. Aber das Mädchen entschuldigte sich damit, dass es grosses Heimweh hätte. Darum hätte es noch nicht anfangen können. Das glaubte die Königin. Beim Weggehen sagte sie: »Morgen musst du aber zu arbeiten anfangen.«

Als nun das Mädchen wieder allein war, wusste es sich nicht mehr zu helfen. Es trat in seiner Betrübnis ans Fenster. Da sah es drei Weiber herkommen. Die Erste hatte einen breiten Platschfuss. Die Zweite eine so grosse Unterlippe, dass sie über das Kinn hinunterhing. Und die Dritte hatte einen breiten Daumen. 

Als sie vor dem Fenster waren, blieben sie stehen. Sie schauten hinauf und boten dem Mädchen ihre Hilfe an. Sie sprachen: »Wir helfen dir, wenn du machst, was wir sagen. Du musst uns zur Hochzeit einladen und darfst dich unseretwegen nicht schämen! Wir wollen auch als deine Tanten an deinem Tisch sitzen. Wenn du das alles machst, dann wollen wir dir den Flachs wegspinnen, und das in kurzer Zeit.« 

»Ei, von Herzen gern«, antwortete das Mädchen, »kommt nur herein und fangt gleich mit der Arbeit an.« Da liess es die drei seltsamen Weiber herein. Das eine Weib zog den Faden und trat das Rad. Das andere Weib netzte den Faden. Das dritte Weib drehte ihn und schlug mit dem Finger auf den Tisch. Und so oft es schlug, fiel eine Anzahl Spulen mit feinstem Garn zur Erde. 

Vor der Königin verbarg das Mädchen die drei Spinnerinnen. Es zeigte ihr, so oft sie kam, die Menge des gesponnenen Garns. Die Königin lobte das Mädchen für die sehr gute Arbeit. Als die erste Kammer leer war, ging’s an die Zweite, endlich an die Dritte, und auch die war bald zu Ende. Nun nahmen die drei Weiber Abschied. Und sie sagten zum Mädchen: »Vergiss nicht, was du uns versprochen hast, es wird dein Glück sein!«

Als das Mädchen der Königin die leeren Kammern und den Haufen Garn zeigte, wurde Hochzeit gefeiert. Der Bräutigam freute sich, dass er eine so geschickte und fleissige Frau bekam und lobte sie gar sehr. 

»Ich habe drei Tanten«, sprach das Mädchen, »die sehr gut zu mir waren. In meinem Glück will ich sie nicht vergessen. Erlaubt doch, dass ich sie zur Hochzeit einlade, und dass sie mit am Tisch sitzen.« 

Die Königin und der Bräutigam gaben gern ihre Einwilligung. Als nun das Fest anfing, traten die drei Weiber  herein. Und die Braut sprach: »Seid willkommen, liebe Tanten.« »Ach«, sagte der Bräutigam, »wie kommst du zu der garstigen Verwandtschaft?« 

Darauf ging er zu der einen mit dem breiten Platschfuss und fragte: »Warum habt ihr einen solch breiten Fuss?« »Vom Treten«, antwortete sie, »vom Treten!« Da ging der Bräutigam zur Zweiten und fragte: »Wovon habt ihr nur die herunterhängende Lippe?« »Vom Lecken«, antwortete sie, »vom Lecken!« Da fragte er die Dritte: »Und wovon habt ihr den breiten Daumen?« »Vom Faden drehen«, antwortete sie, »vom Faden drehen!« Da erschrak der Königssohn und sprach: »So soll meine schöne Braut nie mehr ein Spinnrad anrühren!« Damit war sie das böse Flachsspinnen los.

 



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