Rumpelstilzli.li - E-Learning für die ersten 3 Schuljahre

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Der Wolf und die 7 Geisslein

Art: Märchen
AutorIn: Brüder Grimm
Land: Deutschland
Sprecher: Tom Keymer

Es war einmal eine alte Geiss, die hatte sieben junge Geisslein. Eines Tages wollte sie in den Wald gehen und Futter holen.
Da rief sie alle sieben herbei und sprach: »Liebe Kinder, ich will hinaus in den Wald. Seid auf der Hut vor dem bösen Wolf und lasst ihn nicht ins Haus. Der Bösewicht verstellt sich oft, aber an seiner rauen Stimme und an seinen schwarzen Füssen werdet ihr ihn gleich erkennen.« Die Geisslein sagten: »Liebe Mutter, wir wollen uns schon in Acht nehmen.« Da machte sich die Alte getrost auf den Weg.

Es dauerte nicht lange, da klopfte jemand an die Haustür und rief: »Macht auf, ihr lieben Kinder, eure Mutter ist da und hat jedem von euch etwas mitgebracht.«

Aber die Geisslein hörten an der rauen Stimme, dass es der Wolf war. »Wir machen nicht auf!« riefen sie, »du bist unsere Mutter nicht, die hat eine feine und liebliche Stimme, aber deine Stimme ist rau. Du bist der Wolf!«

Da ging der Wolf fort zu einem Krämer und kaufte sich ein grosses Stück Kreide: Die frass er und machte damit seine Stimme fein.
Dann lief er zurück, klopfte an die Haustür und rief: »Macht auf, ihr lieben Kinder, eure Mutter ist da und hat jedem von euch etwas mitgebracht.«
Aber der Wolf hatte seine schwarze Pfote in das Fenster gelegt. Das sahen die Kinder und riefen: »Wir machen nicht auf, unsere Mutter hat keinen schwarzen Fuss wie du: Du bist der Wolf!«

Da lief der Wolf zu einem Bäcker, liess sich Teig über die Pfote streichen und Mehl darüber streuen. Nun ging der Bösewicht zum drittenmal zu der Haustür, klopfte an und sprach:
»Macht mir auf, Kinder, euer liebes Mütterchen ist heimgekommen und hat jedem von euch etwas mitgebracht.«

Die Geisslein riefen: »Zeig uns erst deine Pfote, damit wir wissen, ob du unser liebes Mütterchen bist.« Da legte er die Pfote ins Fenster, und als sie sahen, dass sie weiss war, glaubten sie, es wäre ihre Mutter, und machten die Tür auf. Wer aber hereinkam, das war der Wolf.

Sie erschraken und wollten sich verstecken. Das eine sprang unter den Tisch, das Zweite ins Bett, das Dritte in den Ofen, das Vierte in die Küche, das Fünfte in den Schrank, das Sechste unter die Waschschüssel, das Siebente in den Kasten der Wanduhr.

Aber der Wolf fand sie alle und verschluckte eines nach dem anderen. Nur das Jüngste im Uhrkasten, das fand er nicht. Satt legte sich der Wolf draussen auf der Wiese unter einen Baum und schlief ein.

Nicht lange danach kam die alte Geiss aus dem Wald wieder heim. Ach, was musste sie da erblicken! Die Haustür stand sperrangelweit offen, Tisch und Stühle waren umgeworfen, und von ihren Kindern war keines zu erblicken. Sie rief sie nacheinander beim Namen, aber keines antwortete.

Endlich, als sie das Jüngste rief, antwortete eine feine Stimme: »Liebe Mutter, ich stecke im Uhrkasten.« Sie holte es heraus, und es erzählte ihr, dass der Wolf gekommen wäre und die anderen alle gefressen hätte.

Endlich ging sie in ihrem Jammer hinaus, da sah sie den Wolf auf der Wiese liegen und schnarchen. Als sie seinen Bauch betrachtete, sah sie, dass sich darin etwas regte. Da musste das Geisslein aus dem Haus Schere, Nadel und Zwirn holen. Dann schnitt die Geiss dem Wolf den Bauch auf und — eins nach dem anderen — sprangen ihre Kinder heraus. War das eine Freude!

Die Alte aber sagte: »Holt Wackersteine, damit wollen wir dem gottlosen Tier den Bauch füllen, solange es noch schläft.«
Sie steckten soviel Steine in den Bauch, wie nur irgend hineingingen, und die Alte nähte ihn in aller Geschwindigkeit wieder zu. Als der Wolf aufwachte, war er durstig und schleppte sich zum Brunnen, um zu trinken. Aber als er an den Brunnen kam und sich über das Wasser bückte und trinken wollte, da zogen ihn die schweren Steine hinein, und er musste jämmerlich ertrinken.

Als die sieben Geisslein das sahen, riefen sie laut:
»Der Wolf ist tot! Der Wolf ist tot!« und tanzten mit ihrer Mutter vor Freude um den Brunnen herum.



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